Als Quereinsteiger in die Kita: Schaukel statt Baustelle

02.08.2022

- Kategorien: Kindergärten,
Pierre Möller aus Schaafheim hat die Baustelle gegen die Kinderschaukel eingetauscht, er schult jetzt um zum Erzieher. Darüber freuen sich auch Martha, Marie und Caro (v.l.). Foto: GM/Meike Mittmeyer-Riehl

Der gelernte Metallbauer Pierre Möller wagt mit 36 Jahren einen beruflichen Neustart, der kontrastreicher kaum sein könnte: Am 1. August hat der Schaafheimer in der gemeindlichen Kita „Im Rüssel“ seine praxisintegrierte vergütete Ausbildung („PivA“) zum Erzieher begonnen, zuvor hat er dort ein Praktikum absolviert. Diese neue Ausbildungsform hat verglichen mit der „klassischen“ einige Vorteile und richtet sich ausdrücklich auch an Quereinsteiger wie ihn.

Statt Baustellen-Lärm umgibt ihn nun Kinderlachen und -geschrei (das von der Dezibel-Zahl her manchmal vielleicht sogar an den Krach eines Presslufthammers heranreichen kann), statt schwere Metallteile zu wuchten schubst er jetzt Martha, Marie und Caro in der Schaukel an, die ihn anspornen: „Höher! Höher!“ Der Schaafheimer Pierre Möller (36) ist glücklich über seine Entscheidung, seinen langjährigen Job als Metallbauer an den Nagel gehängt zu haben, um sich beruflich neu zu erfinden: als Erzieher.

Der Wunsch schlummerte schon eine ganze Weile in ihm, erzählt er, „ich habe früher jahrelang ehrenamtlich Kinder-Fußballtraining angeboten und immer gerne mit Kindern gearbeitet. Trotzdem hätte ich nie gedacht, dass ich diesen Schritt mal gehe.“ Mehrere Erzieherinnen in seinem Bekanntenkreis hätten ihn letztlich dazu ermutigt, sich zu trauen und es einfach mal zu probieren. Sein erlernter Beruf füllte ihn schon lange nicht mehr aus: „Immer Zeitarbeit, immer Schichtarbeit, dazu die schwere körperliche Arbeit und ein rauer Umgangston“, fasst er es zusammen. Also kündigte er und begann zunächst, in einer Schaafheimer Kita zu hospitieren.

Von Anfang an Gehalt und kürzere Ausbildungsdauer

Auf die Stellenausschreibung zur praxisintegrierte vergüteten Erzieher*innen-Ausbildung („PivA“) in Münster wurde er ganz zufällig aufmerksam – und bekam die Zusage. Seit Anfang Juli absolvierte er in der Gemeinde-Kita „Im Rüssel“ ein Praktikum, Ausbildungsstart war der 1. August. „PivA“ ist für Möller ein Segen, denn die klassische, nicht bezahlte Ausbildung zum Erzieher hätte er sich schlichtweg nicht leisten können. Er steht mitten im Leben, hat laufende Kosten und eine fünfjährige Tochter. Bei der praxisintegrierten vergüteten Ausbildung, die nur drei statt vier Jahre dauert, wird von Anfang an ein Gehalt gezahlt.

Drei Tage die Woche wird Pierre Möller fortan die Schulbank in der Fachschule für Sozialpädagogik drücken, zwei Tage die Woche ist er vor Ort in der Kita. Ergänzt wird die Ausbildung durch weitere Praxistage, an denen er das Gelernte im Alltag umsetzen kann. Da die praktische Arbeit bereits in die Ausbildung integriert ist, müssen Absolvent*innen kein Anerkennungsjahr mehr dranhängen. Am Ende der Ausbildung steht wie bei der klassischen Variante auch die Berufsbezeichnung „staatlich anerkannter Erzieher“ bzw. „staatlich anerkannte Erzieherin“.

Staunen im Freundeskreis

In Pierre Möllers Freundeskreis hat seine berufliche Kehrtwende natürlich für Überraschung gesorgt. Doch nach einem ersten, ungläubigen „Wow“ hätten viele ihn ermutigt: „Das ist doch genau das Richtige für dich.“ Dieses Gefühl hat er nach seinen ersten vier Wochen in der Münsterer Kita ebenfalls. „Ich fühle mich hier pudelwohl, die Wertschätzung untereinander ist sehr groß.“

Auch für die Kinder ist der stattliche, tätowierte Mann inmitten der meist weiblichen Erzieherinnen ein ungewohnter Anblick (wobei es „Im Rüssel“ bereits einen weiteren männlichen Kollegen gibt). Doch die Mädchen und Jungen wirken ihm gegenüber kein bisschen scheu. Ihr Pierre gehört für sie schon fest dazu. Die Gemeinde Münster wünscht ihm und natürlich auch allen anderen Auszubildenden in den Münsterer Kinderbetreuungseinrichtungen einen guten Start und viel Erfolg! (MMR)

Infos zur „PivA“

Für dieses Jahr sind alle „PivA“-Stellen bei der Gemeinde Münster besetzt. Für das kommende Jahr werden aber Bewerber*innen gesucht. Interessenten können sich gern an Peter Harenberg wenden: p.harenberg@muenster-hessen.de, Telefon 06071 3002-431.

Bildunterschrift: Pierre Möller aus Schaafheim hat die Baustelle gegen die Kinderschaukel eingetauscht, er schult jetzt um zum Erzieher. Darüber freuen sich auch Martha, Marie und Caro (v.l.). Foto: GM/Meike Mittmeyer-Riehl