So bereitet sich Münster auf einen möglichen Stromausfall vor

02.12.2022

- Kategorien: Leben in Münster,
Vorbereitungen auf einen möglichen Stromausfall. Foto: Pixabay

Angesichts des Krieges in der Ukraine und der Energiekrise wird derzeit viel und kontrovers über mögliche Stromausfälle in diesem Winter diskutiert. Auch in Darmstadt-Dieburg arbeiten Landkreis, Kommunen und Katastrophenschutz eng zusammen, um sich auf eine solche Situation vorzubereiten. Das A und O ist dabei Besonnenheit, denn Grund für Panik gibt es nicht: Großflächige „Blackouts“ bleiben weiterhin unwahrscheinlich. Aber auch schon kleinere, regionale oder lokale Stromausfälle können zu Problemen führen. Daher ist es wichtig, gewappnet zu sein und zu wissen, wie man sich im Ernstfall richtig verhält. Im Interview erläutert Bürgermeister Joachim Schledt, welche Vorkehrungen Münster trifft, wo Bürgerinnen und Bürger im Fall der Fälle Rat und Hilfe finden und was jede/r einzelne tun kann.

Das Interview führte Meike Mittmeyer-Riehl

Herr Bürgermeister Schledt, Landkreis, Kommunen und Katastrophenschutz haben in den vergangenen Wochen Konzepte für Stromausfälle erarbeitet. Was sind die wichtigsten Punkte?

Der wichtigste Punkt ist meines Erachtens die Information, dass ein flächendeckender unkontrollierter Stromausfall über mehrere Tage sehr unwahrscheinlich ist. Trotzdem ist es sinnvoll, sich auf alle Eventualitäten vorzubereiten. Nicht auszuschließen ist die Möglichkeit, dass bei schwankenden Versorgungsspitzen die Stromversorgung in gewissen Bereichen für einige Stunden und mit Vorankündigung kontrolliert heruntergefahren wird.

Warum war es überhaupt nötig, ein neues Konzept zu erarbeiten, gab es vorher keines?

Alle Kommunen, auch wir, hatten bereits Ablaufpläne für Stromausfälle. Die kamen und kommen immer mal wieder vor, das haben wir alle schon erlebt. Allerdings galten diese Pläne eher für lokal sehr begrenzte Ausfälle. Durch den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise sind wir in eine andere Situation gekommen. Aktuell sind die Gasspeicher in Deutschland voll, das ist gut. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass sich dies im Laufe des Winters ändern könnte. Ein Großteil des in Deutschland verbrauchten Stroms wird über den Einsatz von Gas erzeugt. Auch könnte es sein, dass Menschen angesichts hoher Gaspreise mehr Strom verbrauchen, etwa durch elektrische Heizlüfter. Dies könnte das Stromnetz sehr strapazieren. Und natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass durch Angriffe auf die kritische Infrastruktur oder Cyberangriffe die Stromversorgung unterbrochen wird. Auf all diese Szenarien wollen wir vorbereitet sein, auch wenn wir natürlich alle hoffen, dass der Ernstfall niemals eintritt.

Angenommen, der Fall tritt ein und in ganz Münster ist es plötzlich dunkel. Wie gehe ich jetzt vor?

Ganz wichtig ist zunächst einmal: Ruhe bewahren. Eine Taschenlampe mit Ersatzbatterien sollte bereit liegen, damit man sich erstmal orientieren kann. Bitte vorsichtig sein mit Kerzen wegen der Brandgefahr. Dann heißt es: Informationen einholen. Dafür ist ein batteriebetriebenes Radio sinnvoll. Auch Mobilfunknetze und Internet können weiterhin funktionieren, je nach Größe des Stromausfalls. Wenn es auf diese Weise gar keine Möglichkeit gibt, sich zu informieren, sind die Feuerwehrhäuser in Münster und in Altheim als „Leuchttürme“ die nächsten Anlaufstellen. Auch in Breitefeld wird ein Wagen der Feuerwehr erkennbar positioniert sein. Durch Schichtpläne wird im Ernstfall sichergestellt sein, dass diese Orte 24 Stunden am Tag besetzt sind. Das Rathaus wird durch die Feuerwehr über ein mobiles Notstromaggregat notversorgt.

Wie sieht es mit der Trinkwasserversorgung und der Kläranlage aus?

Ohne Strom funktionieren auch die Pumpen im Wasserwerk nicht. Ein Weiterbetrieb durch Notstromaggregate ist für 72 Stunden sichergestellt, wenn auch in eingeschränkter Menge.

Sollten sich alle Haushalte Lebensmittel-Vorräte zulegen?

Ein Vorrat an haltbaren Lebensmitteln (z.B. Konservendosen) und Wasserflaschen ist generell sehr sinnvoll. Je nach Lebenssituation kann es zudem ratsam sein, eine gewisse Menge Babynahrung, Tiernahrung und Medikamente zu Hause zu haben. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BBK) empfiehlt einen Vorrat an Essen und Trinken für 10 Tage und hat eine entsprechende Liste mit vielen Tipps dazu veröffentlicht (siehe Infobox). Hamsterkäufe sind aber absolut nicht notwendig. Die Vorräte dienen vor allem als Überbrückung.

Welche Noteinrichtungen gäbe es in Münster im Ernstfall noch?

Das Land Hessen schreibt vor, dass es in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt sogenannte „Betreuungsplätze“ für bis zu 500 Menschen und zusätzlich in jeder der 23 Kreiskommunen für bis zu 50 Menschen geben muss. Dort liegen Matten und Decken bereit. Diese Orte sind insbesondere für hilfsbedürftige Personen gedacht. In Münster werden wir einen solchen Betreuungsplatz in der Kulturhalle einrichten. Die Stromeinspeisung hierfür erfolgt über ein Notstromaggregat im Feuerwehrhaus.

Was wäre mit Schulen und Kitas?

Bei einem längeren und größeren Stromausfall werden Kitas und eventuell auch Schulen im Landkreis schließen.

Wie wichtig ist das Prinzip „Solidarität“?

Extrem wichtig. Landkreis, Kommunen und Katastrophenschutz tun ihr Bestmögliches, um auf einen Ernstfall vorbereitet zu sein. Aber wir können nicht überall zur gleichen Zeit sein. Wenn Sie also zum Beispiel wissen, dass ein Nachbar oder eine Nachbarin krank oder pflegebedürftig ist, bieten Sie Ihre Hilfe an. Ich bin mir aber sicher, dass die Nachbarschaftshilfe bei uns in der Kommune im Ernstfall wunderbar funktionieren wird. Extremsituationen wie das schwere Unwetter „Fabienne“ oder die großen Waldbrände an der Muna haben dies schon mehrfach eindrucksvoll gezeigt.

Weitere Infos

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe empfiehlt zur privaten Bevorratung folgende Punkte:

  • Essen und Trinken für 10 Tage.
  • 2 Liter Flüssigkeit pro Person und Tag. Darin ist auch bereits ein Flüssigkeitsanteil zum Kochen vorgesehen (0,5 Liter pro Tag)
  • 2.200 kcal pro Person und Tag. Damit ist im Regelfall der Gesamtenergiebedarf eines Erwachsenen abgedeckt.
  • Nur was Sie mögen und vertragen. Nicht nur die Haltbarkeit ist entscheidend.
  • Prinzip „lebender Vorrat“. Versuchen Sie, Ihren Vorrat in Ihren alltäglichen Lebensmittelverbrauch zu integrieren. So wird er immer wieder verbraucht und erneuert, ohne dass Lebensmittel verderben.
  • Stück für Stück aufbauen. Es ist nicht erforderlich, den Vorrat „auf einen Schlag“ anzulegen.
  • Hinweise zur Lagerung beachten. Sie sollten Lebensmittel kühl, trocken und dunkel aufbewahren. Achten Sie auf luftdichte Verpackung.
  • Haustiere nicht vergessen!

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