Musik als Rückzugsmöglichkeit in eine andere Welt

11.12.2018

Die Pianistin Olga Zarytovska ist die Solistin des Neujahrskonzerts der Gemeinde Münster am 12. Januar 2019 in der Kulturhalle. Foto: privat

Die Pianistin Olga Zarytovska ist Solistin des Neujahrskonzerts am 12. Januar 2019 in der Kulturhalle Münster, bei dem das Beethoven Orchester Hessen zu Gast ist. Im Interview mit der Gemeinde Münster erzählt die 26-Jährige, warum sich die Branche der Konzertpianisten im Umbruch befindet, warum Kinder unbedingt ein Instrument lernen sollten und wie anstrengend sechs Stunden tägliches Klavierspiel sind.

Gemeinde Münster: Wie sind Sie zum Klavierspiel gekommen?

Olga Zarytovska: Ich bin in der Ukraine geboren, dort ist es sehr üblich, dass man Kinder zur Musikschule schickt, das gehört irgendwie zur Erziehung und Menschwerdung dazu. Meine Mutter hat damals auch in einer Musikschule gearbeitet, darum war das ein ganz natürlicher Vorgang. Es hat sich dann das eine zum anderen ergeben. Ich habe öffentlich gespielt, habe mich auf Wettbewerbe vorbereitet und es lief erfolgreich. So etwas plant man ja nicht, das ist einfach eine Kette von Ereignissen.

Mit 12 Jahren sind Sie mit Ihrer Mutter nach Deutschland gekommen. Wie ging es da musikalisch für Sie weiter?

Aufgrund meiner guten pianistischen Grundausbildung in der Ukraine konnte ich bereits mit 12 Jahren ziemlich anspruchsvolle Werke spielen, das war damals in Deutschland eher selten, zumindest in meinem damaligen Umfeld. Das hat sich dann so weiterentwickelt, bis ich mit 14 Jahren an der Hochschule für Musik in Würzburg als Jungstudentin aufgenommen wurde. Ich bin damals in Fulda zur Schule gegangen und musste dann ab der 7. Klasse jede Woche pendeln.

Wollen Sie nach dem Studium auch hauptberuflich als Konzertpianistin arbeiten?

Eine reine künstlerische Laufbahn, insbesondere bei Pianisten, ist heutzutage äußerst schwierig. Die Konzerte werden immer weniger, das Publikum altert, die Mittel für den Kultursektor werden gekürzt, gleichzeitig werden aber immer mehr Pianisten ausgebildet. Ausschließlich als Konzertpianistin zu arbeiten und davon zu leben, kann ich mir eher nicht vorstellen.

Welche beruflichen Alternativen gibt es denn?

Es gibt bei Pianisten ein wichtiges zweites Standbein, das häufig auch das Hauptstandbein ist: das Unterrichten. Darin habe ich im Rahmen meines Masters auch eine Ausbildung gemacht. Ich sehe mich künftig aber eher im Bereich Musikmanagement, weil ich mich da auch schon seit mehreren Jahren bei Festivals und Wettbewerben im Organisationsteam engagiere. Das macht mir unglaublich viel Freude. Das alles ist ein Werden, es ist alles im Wandel und wo sich eine Tür schließt, öffnet sich die nächste.

Sie bieten auch klassische Konzerte extra für Kinder an. Warum ist Ihnen das wichtig?

Ich finde es sehr wichtig, dass Kinder aktiv zur Musik geführt werden. Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich, sollte es aber sein und bleiben. Das Musizieren hat in der Regel eine äußerst positive Auswirkung auf die Entwicklung des Kindes: Es regt die Fantasie an und entwickelt ein Gefühl für natürliche Klangästhetik, es fördert die Kommunikationsfähigkeit sowie das eigene Körpergefühl, es schult das Durchhaltevermögen und bietet gleichzeitig eine Rückzugsmöglichkeit in eine andere Welt.

Wie viele Stunden pro Tag spielen Sie Klavier?

Im Schnitt fünf bis sechs Stunden.

Das muss eine ganz schöne Belastung für Hände und Arme sein, oder?

Erstaunlicherweise ist die Belastung für Arme und Handgelenke gar nicht so groß, sofern man richtig übt und die Hände nicht absichtlich strapaziert. Das Problem ist eher der untere Rücken durch das viele Sitzen. Als Ausgleich gehe ich ins Fitnessstudio.

Welche Verbindung haben Sie zum Beethoven Orchester Hessen, mit dem Sie am 12. Januar in Münster auf der Bühne stehen?

Ich kenne den Dirigenten Damian Ibn Salem schon lange – die Musikerwelt ist unfassbar klein. Damian kommt auch aus der Nähe von Fulda. Damals spielte er Oboe in einem Jugendorchester und ich habe, damals noch als 14-jährige, als Solistin bei einigen Konzerten mitgewirkt. In dieser Zeit haben wir uns angefreundet. Auch wenn man sich länger mal nicht sieht, haben wir den Kontakt jetzt schon seit vielen Jahren aufrechterhalten. Ich habe mich sehr gefreut, als er mich gefragt hat, ob ich bei diesem Konzert als Solistin dabei sein möchte.

Das Interview führte Meike Mittmeyer-Riehl

Zur Person: Olga Zarytovska (26) wurde in der Ukraine geboren, wo sie bereits in frühster Kindheit das Klavierspiel erlernte. Ihre erste Auszeichnung bei einem internationalen Wettbewerb erhielt sie im Alter von 9 Jahren bei “Lieder ohne Worte” in Litauen. Als 12-Jährige kam sie mit ihrer Mutter nach Deutschland, wo sie ihre musikalische Laufbahn fortsetzte. Sie studiert an der Hochschule für Musik Franz Liszt in Weimar, derzeit absolviert sie ein Auslandssemester in Graz.

Infos und Tickets: Das perfekte Weihnachtsgeschenk! Das Beethoven Orchester Hessen präsentiert am Samstag, 12. Januar 2019 um 20 Uhr (Einlass 19 Uhr) Beethovens 5. Sinfonie, Liszt Klavierkonzert Nr.1 und Brahms Ungarische Tänze Nr. 18 bis 21. Tickets gibt es im Rathaus Münster, in allen ztix-Vorverkaufsstellen und online unter www.kulturhalle-muenster.de.

Bildunterschrift: Die Pianistin Olga Zarytovska ist die Solistin des Neujahrskonzerts der Gemeinde Münster am 12. Januar 2019 in der Kulturhalle. Foto: privat