Hundekot-Problem: Den Anwohnern und Landwirten stinkt’s

07.05.2019

80 Hundekotbeutel samt Inhalt musste Wilfried Stöckmann vom Dach seiner Halle in Altheim entfernen. Kein Einzelfall: Immer mehr Stinkbomben landen in Gärten, auf Wegen oder Äckern und sind nicht nur ein Ärgernis, sondern auch ein Hygieneproblem. Foto: Wilfried Stöckmann

Auf Feldern, in Gärten und nun sogar auf Dächern häuft sich derzeit im wahrsten Sinne des Wortes ein stinkendes Problem: Immer mehr Hundekotbeutel werden einfach in der Landschaft entsorgt. Der Altheimer Wilfried Stöckmann hat zuletzt 80 der Stinkbomben vom Dach seiner Halle entfernt. Dieser fahrlässige Umgang Einzelner mit den Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner zieht nicht nur hohe Reinigungskosten für die Allgemeinheit nach sich – er gefährdet auch die Qualität der Lebensmittel, die auf den heimischen Feldern wachsen.

Als Wilfried Stöckmann im Februar nach einem Sturm einen Schaden auf dem Dach seiner Halle begutachten wollte, machte er eine Entdeckung, die im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Himmel stinkt. „Auf den ersten Blick dachte ich, das Dach wäre übersät mit Überresten von Silvesterraketen“, schildert der Altheimer, der die Halle auf seinem Grundstück in der Ringstraße an einen Gewerbebetrieb vermietet hat. Doch bei genauerem Hinsehen stellte sich heraus: Zwischen Moosstücken lagen dort Dutzende Hundekotbeutel – samt unappetitlichem Inhalt. 80 Stinkbomben entfernte Stöckmann mit der Hilfe eines Nachbarn vom Dach – zwei Restmülltonnen voll, die er auf eigene Kosten entsorgen musste.

Die Quelle der Sauerei war schnell ausgemacht: An Stöckmanns Grundstück führt ein kleiner Fußweg vorbei, der regelmäßig von Hundehaltern zum Gassigehen genutzt wird. Wer sich über welchen Zeitraum hinweg so unverschämt der Beutel entledigt hat, ob es ein „Einzeltäter“ war oder mehrere, konnte der Altheimer jedoch nicht mehr nachvollziehen. Dieses Erlebnis ist zwar extrem und in seiner Ausprägung wohl einzigartig, aber dennoch kein Einzelfall.

Hundekot verunreinigt Obst und Gemüse auf Feldern

Auch unter Landwirten und bei der Gemeindeverwaltung mehren sich Beschwerden über Hundekotbeutel in Gärten, an Wegrändern und auf Feldern und Äckern. Das Problem war jüngst auch Thema bei der Jagdgenossenschaftsversammlung für die Feldgemarkung Altheim. Besonders unappetitlich wird es, wenn Hundekot auf den Feldern landet, auf denen Obst und Gemüse angebaut wird. Davon kann Sabrina Sauerwein, Schwiegertochter von Günther Sauerwein, ein Lied singen. Die Familie bestellt zahlreiche Felder und betreibt einen Hofladen. „Auf unseren Feldern landen unzählige Hundehaufen, ob mit Tüten oder ohne. Das wird immer schlimmer“, sagt sie.

Anders als landläufig angenommen, sind die Hinterlassenschaften der Vierbeiner ganz und gar kein guter Dünger, sondern mögliche Infektionsherde, die Obst und Gemüse, aber auch das Futter für Vieh verunreinigen können. Gülle wird, bevor sie auf Felder kommt, speziell aufbereitet. Das ist bei frischem Hundekot nicht der Fall. Viele Hunde sind zudem mit Parasiten infiziert, die etwa für Kälber gefährlich werden können. Wer beißt vor diesem Hintergrund noch gern herzhaft in eine Erdbeere? Die Häufchen sorgen auch noch für viele weitere Probleme, etwa mit Kot verstopfte Beregnungsrohre auf den Äckern. Die Sauerweins haben schon oft versucht, uneinsichtige Hundehalter auf ihr Fehlverhalten anzusprechen. „Das hat leider gar nichts gebracht, die meisten reagieren abwehrend, oft sogar aggressiv“, schildert Sabrina Sauerwein.

Es liegt also im eigenen Interesse eines jeden Hundehalters, die Häufchen zu beseitigen. Um dies zu gewährleisten, gibt es in der Gemeinde Münster insgesamt neun Stationen mit Hundekotbeuteln. Auch im Rathaus sind die Tüten kostenlos zu haben. Das Auflesen der Häufchen ist allerdings nicht genug, sie müssen auch ordnungsgemäß entsorgt werden, also in einem der gemeindeweit 216 Abfalleimer oder in der heimischen Restmülltonne. Bis zur nächsten Entsorgungsmöglichkeit muss der Beutel da mitunter auch mal eine Weile getragen werden.

Hundesteuer deckt die Kosten bei Weitem nicht

„Wir können nicht auf jedem kleinen Feldweg Abfalleimer aufstellen, denn vor allem im Sommer müssen sie wegen der Geruchsbelästigung vom Bauhof täglich geleert werden. Das verursacht hohe Personalkosten“, verdeutlicht Tatjana Maier vom Grünflächenamt der Gemeinde Münster. Sie rechnet vor: Eine komplette Leerungs-Tour durch die Gemeinde dauert etwa sechs Stunden. Bei Personalkosten in Höhe von gut 44 Euro die Stunde pro Mitarbeiter (die Tour wird immer zu zweit gefahren) kommt da einiges zusammen – auf Kosten aller Steuerzahler. Noch nicht eingerechnet sind dabei die eigentlichen Entsorgungskosten sowie die Kosten für Kotbeutelstationen, Fahrzeuge und Benzin.

„Viele glauben immer, dass das alles über die Hundesteuer gedeckt wird, die man als Hundebesitzer zahlt“, schildert Maier, „aber das stimmt nicht. Wie viel Leistung tatsächlich durch die Hundesteuer abgedeckt wird, kann jeder anhand seines Steuerbescheides nachvollziehen. Und wie hoch der Anstieg dieser Steuer sein müsste, um die Kosten tatsächlich zu decken, wird den einzelnen Hundehalter nicht nur verwundern, sondern auch erschrecken: Um mehr als 1.000 Prozent.“ Fakt ist also: Einige Uneinsichtige verursachen den Schaden und die Allgemeinheit zahlt die Zeche.

Zudem zeigt sich in der Praxis immer wieder, dass mehr Mülleimer das Problem auch nicht lösen würden. Allzu oft liegen Häufchen oder Beutel direkt neben einem fast leeren Abfalleimer. Die Verunreinigung durch Hundekot gilt übrigens als Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet werden könnte. In der Praxis lässt sich dies allerdings kaum umsetzen, sagt Klaus Dony, Leiter des Ordnungsamtes der Gemeinde Münster. Denn dafür müsste ein eindeutiger Nachweis erbracht werden, von welchem Hund eine Hinterlassenschaft stammt – quasi unmöglich. Bleibt also nur, an die Vernunft jedes Tierhalters zu appellieren. Damit wir alle auch morgen noch genussvoll in eine Erdbeere vom heimischen Feld beißen können.

Bildunterschrift: 80 Hundekotbeutel samt Inhalt musste Wilfried Stöckmann vom Dach seiner Halle in Altheim entfernen. Kein Einzelfall: Immer mehr Stinkbomben landen in Gärten, auf Wegen oder Äckern und sind nicht nur ein Ärgernis, sondern auch ein Hygieneproblem. Foto: Wilfried Stöckmann