Engstellen für die Feuerwehr: Im Ernstfall können sie Leben kosten
01.08.2023
Routiniert und mit viel Fingerspitzengefühl steuern Andreas Dollheimer und Daniel Szygulski die stattlichen Feuerwehrfahrzeuge durch die engen, kurvigen Gassen der Altstadt und die schmalen, vollgeparkten Straßen im Wohngebiet hinter der Kennedy-Schule. An einigen Stellen jedoch gibt es auch für die beiden erfahrenen Maschinisten der Freiwilligen Feuerwehr Münster kein Durchkommen: Sie müssen zurücksetzen, rangieren, sich zentimeterweise vorantasten, um kein anderes Auto oder keine Grundstücksmauer zu streifen.
Häufig sind Autos, die zu dicht im Kurvenbereich oder ohne ausreichend Abstand zueinander beidseitig entlang einer Straße abgestellt sind die Ursache für solche Engstellen, die im Ernstfall Leben kosten können. Denn wenn die Löschzüge der Feuerwehr ausrücken, geht es oft um Leben und Tod. Jede Minute Verzögerung kann da die Welt bedeuten.
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An diesem Mittwochabend im Juli sind die beiden Fahrzeuge nur testweise ausgerückt, um gemeinsam mit der Ordnungspolizei der Gemeinde Münster nach genau solchen Engstellen zu suchen und Bürgerinnen und Bürger dafür zu sensibilisieren. „Wir wissen, dass die Menschen sich nicht absichtlich so hinstellen, dass für uns kein Durchkommen mehr ist“, sagt Michael Sühl, Pressesprecher der Feuerwehr, „viele denken einfach nicht daran oder unterschätzen, wie viel Platz ein Teleskopmast-Fahrzeug beim Abbiegen braucht.“ Entsprechend viel Aufsehen erregen die beiden Feuerwehrautos: Etliche Autobesitzer eilen sofort herbei und bieten an, ihr Fahrzeug umzusetzen.
Keine Strafzettel, nur „Denkzettel“
Strafzettel verteilt die Ordnungspolizistin an diesem Abend daher nicht, sie klemmt nur „Denkzettel“ (im wahrsten Sinne des Wortes) hinter die Scheibenwischer der geparkten Autos. Schaubilder des Landesfeuerwehrverbandes Hessen verdeutlichen darauf, worauf beim Parken am Straßenrand zu achten ist, damit die Feuerwehr im Ernstfall rasch an ihren Einsatzort kommt.
Woran viele ebenfalls nicht denken: Auch hohe Bäume oder Hecken, die über die Straße ragen, können für die Feuerwehr ein Hindernis darstellen. Denn ein Einsatzfahrtzeug ist mit bis zu dreieinhalb Metern Höhe ein echter Riese, viele Bäume werden aber nur auf gewöhnliche Pkw-Höhe gestutzt. „Grundstückseigentümer sollten unbedingt auch darauf achten“, appelliert Michael Sühl. Andere Engstellen sind baulich bedingt, etwa wenn eine zu hohe Bordsteinkante beim Abbiegen nicht überfahren werden kann oder andere Hindernisse im Weg sind. Diese Bereiche sind jetzt Hausaufgaben für die Verwaltung, sie müssen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
Auch für Andreas Dollheimer und Daniel Szygulski ist solch eine Testfahrt immer eine gute Übung. Schließlich steuern sie die Fahrzeuge nicht von Berufs wegen, sondern ehrenamtlich, da ist regelmäßige Übung wichtig. Zu 150 bis 200 Einsätzen rücken Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Münster jedes Jahr aus, schildert Gemeindebrandinspektor Florian Kisling, derzeit gibt es 92 Aktive. „Die Freiwillige Feuerwehr ist rund um die Uhr für unser aller Sicherheit da. Jeder einzelne kann etwas dafür tun, den Einsatzkräften im Ernstfall die Arbeit zu erleichtern“, betont Bürgermeister Joachim Schledt. „Die Testfahrt hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, sich immer wieder vor Augen zu führen: Wir können alle mal in eine Notsituation geraten und sind auf rasche Hilfe angewiesen.“ (MMR)
Bildunterschrift: Gerade im Kurvenbereich wird es häufig eng. Foto: GM/Meike Mittmeyer-Riehl