
Die Münsterer Kläranlage hat erstmals seit Jahren wieder einen Azubi: Der 18 Jahre alte Yannik Lichte hat im August seine Ausbildung zum Umwelttechnologen für Abwasserbewirtschaftung begonnen. Die Ausbildung heißt erst seit Kurzem so und ersetzt die bisherige Laufbahn „Fachkraft für Abwassertechnik“. Der Umwelt-Aspekt wird in der neuen, dreijährigen Lehre nun stärker hervorgehoben. Denn schließlich spielt eine Kläranlage beim Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle: Abwässer und Niederschläge müssen ohne Schaden für Mensch und Umwelt wieder in den Wasserkreislauf zurückgegeben werden. Ein verantwortungsvoller und zugleich vielseitiger Job.
„Ich habe mich schon immer für Chemie interessiert“, erzählt der Münsterer, der dieses Jahr einer der Kerbborsche war. Nach der Schule schaute er sich daher zunächst nach Ausbildungen zum Chemielaboranten um. Bis seine Mutter in der Zeitung auf die Stellenausschreibung der Kläranlage stieß. Der junge Mann bewarb sich – mit Erfolg.
In seinem Freundeskreis sorgte die Berufswahl anfangs für Erstaunen, erzählt Yannik lächelnd. Eine Ausbildung in der Kläranlage ist vielleicht nicht gerade das erste, was einem Schulabsolventen einfällt, wenn er an seine Zukunft denkt: „Manche fragten mich: Igitt, musst du da nicht in der Sch… wühlen?“ Dieses Klischee hält sich hartnäckig, dabei sind Kläranlagen heutzutage echte High-Tech-Einrichtungen, für die Yannik jetzt Fertigkeiten aus vielen verschiedenen Bereichen lernen wird: Neben seinem Steckenpferd Chemie (zur Analyse von Wasserproben im Labor) sind zum Beispiel Kenntnisse in der Metallbearbeitung und in Elektrotechnik sowie allgemeine handwerkliche Fähigkeiten Pflicht.

Berufsschule ist in Nordhessen
Die Ausbildung ist in Praxis- und Theorie-Blöcke unterteilt: Sechs Wochen lang arbeitet Yannik vor Ort in Münster, dann geht es zwei Wochen am Stück in die Berufsschule. Dafür muss er nämlich ins 160 Kilometer entfernte Frankenberg (Eder) in Nordhessen pendeln und wohnt von montags bis freitags dort. Es ist die einzige Berufsschule mit dem Schwerpunkt Umwelttechnologe für Abwasserbewirtschaftung in ganz Hessen, unterrichtet wird in zwei Klassen. Nicht sehr viel, wenn man bedenkt, dass es in ganz Hessen etwa 716 kommunale Kläranlagen gibt.
Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Personal in diesem Bereich. „Viele Kommunen finden keine Fachkräfte und Azubis“, erläutert der Leiter der Münsterer Kläranlage, Ahmed El Makhtari. Umso glücklicher ist das Team, mit Yannik nun eine tatkräftige Unterstützung gefunden zu haben.
Modernisierung der Kläranlage läuft
Der neue Azubi steigt in turbulenten Zeiten ein: Derzeit ist die Kläranlage eine Großbaustelle. Seit Sommer 2023 laufen die Arbeiten zur Aufstockung des Betriebsgebäudes. Das bisherige Gebäude stammt noch aus den Anfangszeiten der Kläranlage 1987, als die Technik längst noch nicht so komplex war wie heute und deutlich weniger Mitarbeiter gebraucht wurden.
Ein moderner Hightech-Betrieb benötigt mehr Platz. Mit dem neuen Obergeschoss in Holzbauweise samt Pultdach, modernster Wärmedämmung und einheitlicher Holzverkleidung sowie Photovoltaikanlage wird das Gebäude für die Zukunft gut gerüstet sein. Aktuell laufen die kritischen Arbeiten an der Elektro-Schaltanlage, die erneuert und vom Keller ins Erdgeschoss verlegt wird, um den Hochwasser-Schutz zu verbessern. Voraussichtlich Ende des Jahres soll der Umbau abgeschlossen sein.
„Die Kläranlage ist das Herzstück von Münster, ohne sie funktioniert gar nichts“, hat es Bürgermeister Joachim Schledt mal auf den Punkt gebracht. Um sie zukunftsfest zu machen, braucht es neben modernster Technik auch genügend Nachwuchs an Fachkräften. Mit dem neuen Auszubildenden Yannik Lichte ist ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft getan. (MMR)
Bildunterschrift Titelbild: Packt schon überall tatkräftig mit an: Der neue Auszubildende Yannik Lichte (links) misst, beaufsichtigt von Mitarbeiter Wolfgang Kleinheinz, den Wasserstand im Klärbecken. Foto: GM/Meike Mittmeyer-Riehl